Erfahrungsberichte von Eltern und Jugendlichen

  • Schulbegleitung

    Paul geht in eine 8. Klasse. Gegen Ende seiner Krebstherapie (Osteosarkom) hat er sich vorgenommen, seiner Klasse von seiner  Krebsbehandlung zu berichten. Ich bot ihm meine Unterstützung an. Wir verabredeten vorab, dass ich ihm vor der Klasse einige Fragen stellen, also quasi interviewen könnte. Seine Klassenlehrerin unterstützte Pauls Anliegen und stellte uns eine Unterrichtsstunde zur Verfügung. 

    Hier Pauls Erfahrungsbericht: 

    „Hallo Herr Miest,
    hier sind einige Sätze von unserem Interview.
    Ich habe dieses gemacht, weil ich mich verändert habe. Viele Leute haben das gemerkt und wussten nicht damit umzugehen.
    Deshalb entschloss ich mich, meiner Klasse das über meine Krankheit und um den Verlauf zu erzählen. Es war eine Riesen Erleichterung für mich, dass Du daran teilgenommen hast und das Interview geführt hast.
    Für mich war das sehr emotional, aber meine Klassenkameraden sind jetzt offener zu mir und stellen mir jetzt auch Fragen, die sie vorher nicht gestellt hätten.Mit meinen Freunden hatte ich diese Probleme nicht weil die mich regelmässig besucht haben und daher vieles über meine Krankheit wußten.

    Liebe  Grüße
    Dein, Paul"

  • Infoabend im Kindergarten

    Liebe Betroffene, Eltern und Interessierte,

    wir, das sind Ich Dagmar, mein Freund Thomas und unsere Kinder Tim und Zoe, waren eine völlig normale, etwas chaotische und sehr glückliche Familie, bis wir die schreckliche Diagnose ALL (akute lymphatische Leukämie) bei unserem damals gerade einmal dreijährigen Sohn bekamen. 
    An diesem Tag brach die Welt für uns völlig zusammen und es begann für uns ein Leben, wie wir es nie kennenlernen wollten. Eine Chemo jagte die nächste und es gab auch eine sehr schlimme Zeit, in der es Tim sehr schlecht ging. Aber er ist ein kleiner Kämpfer und hat sich von alledem sehr gut erholt, er hat das alles so toll gemeistert und nie gejammert. Er hat es uns sehr erleichtert mit seiner offenen und fröhlichen Art.Unsere kleine Tochter musste viel zurückstecken und dabei war sie doch gerade einmal 10 Monate bei der Diagnose, und auch sie war die ganze Zeit über so tapfer. 
    Am 26.8.2016 bekam Tim seine letzte Chemo und ab da begann die Zeit der Dauer- bzw. Erhaltungstherapie, ein Abschnitt der wieder sehr viel Unsicherheit und viele Fragen mit sich brachte.

    Fragen wie z.B.:

    Was darf er jetzt wieder alles essen?

    Werde ich es merken, wenn er einen Rückfall bekommt?

    Wie wird es werden ohne permanente Kontrolle so wie bei dem stationären Aufenthalt?

    Wie wird es wieder im Kindergarten werden, zwischen den vielen anderen Kindern?

    Werden deren Eltern Rücksicht nehmen?

    Inwieweit können sie Rücksicht nehmen?

    Werden die Erzieherinnen damit klar kommen und wissen, was zu tun ist?

    Die Fragen rund um die Kita waren für uns die, die uns am meisten beschäftigt haben, denn nun mussten wir unseren Sohn wieder in die Obhut anderer geben. Er ging zwar vor seiner Erkrankung schon in die Krippe und es würde wieder die gleiche Kita sein. Aber es gab nie zuvor ein Kind mit solch einer Erkrankung dort und die Erzieher waren völlige Neulinge auf diesem Gebiet und mussten den Umgang mit Tim erst „lernen“.Auch auf die Rücksicht der Eltern sind wir angewiesen. Denn nur so kann Tim vor ansteckenden Krankheiten geschützt werden und ein normales Leben führen, was er ja so lange nicht konnte. Bei dieser Aufklärung der Eltern und der Erzieher war uns der Hr. Miest aus dem Elternhaus in Göttingen sehr behilflich. Er hat zusammen mit der Leiterin von unserer Kita einen Elternabend organisiert, um dort einen Vortrag zu halten für alle interessierten Eltern und Erzieher. Besonders die Erzieher waren sehr interessiert, um auch sicher im Umgang mit Tim zu werden und ganz wichtig, um einmal Klarheit zu diesem Thema zu schaffen. 
    Dieser Elternabend diente auch dazu, damit evtl. Berührungsängste aus der Welt geschafft werden können. Denn die sind unnötig! Tim ist ein ganz normales Kind, welches ein ganz normales Leben führen möchte und mit seinen Freunden in der Kita unbekümmert spielen und die Welt entdecken möchte. 
    Ich finde es sehr wichtig, offen mit diesem Thema umzugehen. Denn nur dadurch kann die Unwissenheit und die Berührungsangst gemindert werden. Es gab oft Situationen in der Intensivtherapiezeit, wo ich mir mehr Aufklärung und Rücksicht der Bevölkerung gewünscht hätte. Aber wenn alle immer nur schweigen, kann es nicht besser werden. Es ist ein schweres Thema, aber das ist es für uns alle. Aber nur so können wir was bewirken, indem wir offen und ohne Ängste darüber sprechen. Denn wir dürfen nie vergessen: Niemand von uns ist daran schuld, dass es uns getroffen hat. Es war einfach Pech und wir müssen uns für nichts schämen. Im Gegenteil, alle ihr Betroffenen, ihr seid toll und echte Helden und wir Eltern haben alle solche starken und bewundernswerten Kinder, die das alles so großartig meistern. Wir können alle wahnsinnig stolz auf sie sein und dankbar für jeden von ihnen.

    Also scheut euch nicht und nehmt das Angebot von Hr. Miest und dem Elternhaus an. Er hilft euch gerne, wenn ihr bei Aufklärungsarbeit Hilfe benötigt.  

    LG, Dagmar

  •  Elterntreffen

    "Nachsorge ...
    ... als ich zum ersten Treffen fuhr, lag der Abschluss der Akuttherapie unseres Sohnes und unsere Familienreha ein gutes Jahr zurück.... Fahre ich dort überhaupt hin? Was erwartet mich da? Alles wieder aufwühlen? Andere Schicksale anhören und verkraften?
    Der eigentliche Patient fand die Idee richtig doof, mit inzwischen 12 Jahren möchte man am liebsten von der ganzen "Sache" nichts mehr wissen.
    Inzwischen weiß ich, dass für mich Nachsorgegespräche wichtig sind und mir und meiner Familie helfen, z.B.
    .....sich mit Gleichgesinnten, die Ähnliches erlebt haben auszutauschen, manchmal auch abzugrenzen,
    .....Dinge, die in der Akutphase nicht aufgegriffen werden konnten, weil alles irgendwie nur funktionieren musste, jetzt wahrzunehmen und in Gesprächen zu verarbeiten ( Ängste, Erfahrungen auf Station, Veränderungen Zuhause u. des gesamten Alltags, Problematik Geschwisterkind,).....unzählige Dinge, die mir erst jetzt bei den routinemäßigen Kontrollterminen und mit Betreten des Klinikums durch den Kopf schießen!
    ......gefährliches medizinisches Halbwissen oder -verstandenes im Zusammenhang des gesamten Krankheitsverlaufes behutsam aufdröseln durch kompetente Aussagen des Gesprächsleiters, anderer Eltern oder auch hinzugezogener Referenten,
    .....sachliche Tipps, z. B. Nachteilsausgleich, Integration im Alltag zu erfahren,
    ......lebenspraktische, alltagstaugliche Tipps für die ganze Familie anzuhören, um sich allmählich wieder in die Normalität zurückzufinden,
    ......gemeinsam Positives trotz allem Durchlebten zu erkennen und über Einiges zu lachen, Lebensfreude zuzulassen!!!
    Es mag sein, dass alles seine Zeit hat und wir irgendwann nicht mehr auf das Nachsorgeangebot zurückkommen, derzeit finden wir es sehr hilfreich."

    (Die Mutter eines 12-jährigen Jungen, der an einem Hirntumor erkrankt war)

  • Langzeitnachsorge

    "Nachsorge bedeutet für mich Wohlfühlen.
    Durch das vertrauensvolle Miteinander kann ich meine Ängste, die Sorgen, all meine Freude, das was mich berührt, ansprechen und auch zeigen: lachen, wütend sein, traurig sein und auch weinen wenn mir danach ist. Meine Emotionen werden aufgefangen. Nicht nur durch regelmäßige Gespräche kann mir hier geholfen werden. Auch im außerhäuslichen Angebot, was das Elternhaus anbietet, kann ich andere Menschen treffen, die dasselbe erlebt haben.
    Egal ob von der Veranstaltung aus oder vom Elternhaus direkt, ich nehme immer was richtig Schönes für mich mit nach Hause: Ein tolles Gefühl!"

    (Eine 28-jährige Frau, die mit 16 Jahren an einem Hirntumor behandelt wurde)

  • Familienfreizeit

    Vom 19. bis 21. Mai 2017 hatte das Göttinger Elternhaus Familien mit ehemals krebserkrankten Kindern nach Einbeck eingeladen. 
    Wir die Familie Husemann, Carla, Magnus, Christina und Thomas waren auch dabei. Magnus erkrankte 2011 an Leukämie und 2014 erlitt er einen Rückfall. Damit aber nicht genug, kam 2016 ein weiterer Rückfall somit wieder Chemo und auch eine Knochenmarktransplantation.
    Das Wochenende am Einbecker Sonnenberg, war für uns seit langem eine gemeinsame Auszeit. Es war so toll und es hat uns einfach alles gefallen. 
    Jede Familie hatte ihren eigene Bungalow und eine eigene Terrasse mit einem herrlichen Blick auf die Natur. Die alternative Vollwertküche mit überwiegend biologischen Zutaten, hat uns allen geschmeckt, auch mit wenig Fleisch. 
    Das Wetter zeigte sich von seiner schönsten Seite. Auch war das Programm sehr gut gewählt. Kleine und große Leute hatten ganz viel Spaß mit einer Clownin, die uns mit einfachen Dingen verzaubert hat.
    Selbst eine alten Zeitung kann alle zum lachen bringen. Auch ein Highlight war der abendliche Fackelzug, der bei allen gut ankam. Anschließend wurde aus den vielen Fackeln ein gemütliches Lagerfeuer.  An dem Spiele, wie „stille Post“ und ein ausgedachtes Spiel der Kinder,  alle zum schmunzeln brachte. Am letzten Tag konnte man zwischen einer Stadtführung in Einbeck und Nadelfilzen wählen, oder einfach nichts tun. Somit hatte jeder freie Wahlmöglichkeiten.
    Im ganzen war es ein gelungenes Wochenende. Wir haben Familien wiedergesehen, die auch schwierige Zeiten hinter sich hatten und trotzdem nicht den Mut verloren haben. Es war sehr schön zu sehen, wie sich die Kinder zu tollen, selbstbewussten und fröhlichen Menschen entwickelt haben.  

    Wir danken Frau Söder und Herrn Miest, die uns zu diesem Wochenende eingeladen hatten. Es einfach nur schön. Vielleicht gibt es ja eine Wiederholung, wir wären gerne dabei. 

    Liebe Grüße von Familie Husemann aus Steinheim