Erfahrungsberichte von Eltern und Jugendlichen

  • Martha

    geb. 17. September 2007; 730 g und 33 cm

    „Nicht müde werden,
    sondern
    dem Wunder leise wie einem Vogel
    die Hand hinhalten“
    Hilde Domin

    Martha wurde am ersten Tag der 28. SSW per Notkaiserschnitt auf die Welt geholt, da ich ein HELLP-Syndrom entwickelt hatte – eine Schwangerschaftsvergiftung. Für uns als Eltern ist es ein Wunder, dass unsere Martha, die 12 Wochen zu früh auf die Welt kam, überleben konnte.

    Martha wurde 4 Monate in der Uniklinik Göttingen medizinisch bestens vom Ärzte- und Pflegeteam versorgt. Als Eltern will man das Beste für sein Kind und das Beste für ein Frühchen ist der Kontakt zu den Eltern. Ich wollte immer bei Martha sein, denn nur bei ihr fühlte ich mich gebraucht und gut. Nach 12 Tagen auf der Entbindungsstation der Uniklinik wurde ich von Frau Söder im Elternhaus aufgenommen. Für mich war das ein riesiges Glück, denn allein ohne mein Kind das Gelände der Uniklinik zu verlassen, war unvorstellbar. Ich war so verzweifelt und verängstigt wie noch nie in meinem Leben und wollte mit niemandem reden und nur bei meinem Kind sein. Die ersten Tage und Wochen lief ich wie mit Scheuklappen durchs Elternhaus und Frau Söder war es wieder, die mir zeigte, dass es gut ist, wenn man redet und sich austauscht. Und langsam begann ich die Elternhaus-Familie, also die anderen Eltern, kennen zu lernen. Möglich war das durch die Hausabende am Mittwoch. Menschen, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten, Krankheiten, von denen ich noch nie gehört hatte, ein liebevolles Elternhaus-Team, eine tolle Bücherecke mit Fachliteratur - es gab so viel zu entdecken außerhalb der erlaubten Besuchszeiten.

    Mit der Geburt von Martha setzte förmlich eine Frühchenwelle ein. Und im Elternhaus wurden es immer mehr Frühcheneltern und Eltern von Neugeborenen. Wir sahen uns auf Station und im Elternhaus, erzählten uns von unseren Kindern und machten uns gegenseitig Mut, so entwickelten sich langsam Freundschaften. Bald empfand ich mich als Teil einer Gemeinschaft, die sich gegenseitig aufbaut und trägt.

    Die Adventszeit begann und als jemand, der Weihnachten liebt, versuchte ich das alles auszublenden, denn ich hatte so tolle Vorstellungen vom ersten Weihnachtsfest als kleine Familie. Das Elternhaus bescherte uns eine wundervolle Weihnachtsfeier mit einem bezaubernden Puppentheater, das Frau Holle zeigte. Es kamen so viele Kinder und Eltern und es war so gut zu sehen, dass alles gut werden kann, denn alle Kinder waren so fröhlich und ich ging zu Martha und erzählte ihr, dass sie im nächsten Jahr auch dabei sein darf!

    Am Heiligen Abend erstrahlte ein traumhaft schöner Weihnachtsbaum in der Lobby des Elternhauses und darunter lagen für jedes Kind zwei Geschenke. Der kleine verbliebene Elternrest packte gemeinschaftlich die Geschenke aus und wir freuten uns sehr über die gelungene Überraschung. Zwischen den Feiertagen trafen wir uns zum gemeinsamen Frühstück in der Küche und planten unsere Silvesterfeier. Der Silvesterabend kam und wir stärkten uns mit leckerer selbstgebackener Pizza und Salat und anschließend begann das Karaoke-Singen und wir lachten und hatten so viel Spaß wie lange nicht mehr.

    Nach genau 111 Tagen – vier Monaten – endete meine Zeit im Elternhaus. Martha wurde am 14. Januar mit Sauerstoff und Monitor entlassen und wog inzwischen 2270 g. Die Zeit des Hoffens und Bangens konnte nun endlich gut enden.

    Meine Zeit im Elternhaus werde ich zwar immer mit ständiger Angst und schlaflosen Nächten verbinden, aber ich werde mich auch immer an Freundschaft und die wunderbaren lieben Menschen dort erinnern. Ich hatte viele aufmunternde und immer zufällige Gespräche mit Frau Söder, die mir so über manche verzweifelten Tage hinweg half.

    Ohne das Elternhaus und ohne die ständige Nähe zu meiner kleinen Martha wäre ich verloren gewesen.

    Ein herzliches Dankeschön dem gesamten Elternhaus-Team und allen, die durch ihre Unterstützung das Elternhaus erst möglich machen.

    Die Eltern von Martha: Thomas Schulz und Nicole Geburzi

  • Mein 18. Geburtstag im Elternhaus

    Als ich an Krebs erkrankte, war ich 14 Jahre alt. Ich hatte einen apfelsinengroßen bösartigen Tumor an der Wirbelsäule, der mir in einer sehr schweren Operation entfernt wurde. Danach musste ich fast zwei Jahre in der Klinik bleiben - davon 20 Monate im Gipsbett - und Chemotherapie und Bestrahlung über mich ergehen lassen. Ich habe also schon zweimal meinen Geburtstag in der Klinik »gefeiert«.

    Zwei Jahre später bekam ich einen Rückfall und mir musste erneut ein bösartiger Tumor entfernt werden, diesmal im Kopf. In die nachfolgenden Behandlungen mit Chemotherapie und Bestrahlung fiel nun mein 18. Geburtstag, der ja ein besonderer Geburtstag sein sollte. Als ich erfuhr, dass ich nicht nach Hause konnte, wie ich hoffte, war ich erst mal ziemlich enttäuscht. Aber es ging nun mal nicht anders, denn ich war mitten in der Strahlentherapie. Dann überlegte ich gemeinsam mit meinen Eltern, wie ich nun meinen Geburtstag in der Klinik so schön wie möglich gestalten könnte. Damals gab es Gott sei Dank schon das Elternhaus. Zum Glück durfte ich von der Station und wir konnten im Elternhaus feiern.

    Darüber war ich sehr froh, denn dort hat man nicht das Gefühl, dass man ja eigentlich in der Klinik ist. Das Elternhaus gibt einem das Gefühl, zu Hause zu sein in einer gemütlichen Atmosphäre.

    Zu meiner Feier durften wir den Jugendraum benutzen, wo wir eine kleine Geburtstagstafel aufbauten. Am Nachmittag kamen dann auch ein paar Gäste. Außer meiner Familie und meinen beiden Tanten konnten zu meiner großen Freude auch drei meiner besten Freunde kommen und auch die Mitarbeiterinnen des Elternhauses. Wir hatten wirklich viel Spaß bei Kaffee und Kuchen. Zum Abendessen gab es dann Pizza, mein Lieblingsgericht, und wir unterhielten uns noch lange. Es war wirklich ein sehr schöner Geburtstag, zwar nicht ganz so wie sonst, aber ich glaube, ich werde mich immer daran zurückerinnern.

    Ich war damals sehr froh, dass es das Elternhaus gab. Dort kann man mal abschalten vom Klinikalltag und das macht einem die Krankheit ein ganzes Stück erträglicher. Oliver Först

  • Schockdiagnose Leukämie

    »Ihr Kind wird sterben, wenn wir nicht sofort mit einer Chemotherapie beginnen.« Das waren die Worte der leitenden Stationsärztin der Kinderonkologie in Göttingen. Wir waren so geschockt, dass wir mit Tränen in den Augen da standen und nicht wussten, wie soll es jetzt weitergehen.
    Begonnen hat das Ganze im Oktober 2010. Wir waren in den Herbstferien zusammen mit unserem damals 8-jährigen Sohn auf Mallorca. Zurückgekommen, fing Tobias an zu fiebern. Wir dachten, es ist eine harmlose Erkältung. Als nach einer Woche das Fieber  nicht nachließ und wir erneut den Kinderarzt aufsuchten, wurden wir ins Krankenhaus unseres Heimatortes  in Heiligenstadt zur Blutkontrolle überwiesen.  Zwei Stunden später rief mich der Arzt auf meiner Arbeitsstelle an. Die Worte „Mit dem Blut ihres Sohnes stimmt etwas nicht, ich müsste sofort ins Krankenhaus kommen“ vergess ich mein Leben nicht. Im Krankenhaus angekommen, traf ich auf meine verzweifelt dreinschauende Frau. Der Oberarzt sagte uns:  „Bei ihrem Sohn ist Leukämie festgestellt worden, wir haben die Verlegung nach Göttingen in die Spezialklinik bereits veranlasst.“ Dort wurde nach  mehreren Tests sofort mit der Behandlung begonnen. Ich fuhr den Abend nach Hause, meine Frau konnte bei Tobias bleiben. Wir machten uns Mut, die kriegen das wieder hin, es wird schon werden. Tobias wusste zu diesem Zeitpunkt nur, dass er schwer krank ist, aber erklären konnten wir ihm nichts. Wir hatten zwar schon einmal etwas von Leukämie gehört, aber jetzt hatte  es uns selbst getroffen. Es stand ein dreiviertel Jahr intensive Chemotherapie auf dem Plan, die von Fieber, allen möglichen Infektionen und Operationen begleitet wurden.  Scheinbar rief Tobias immer „Hier“, wenn Komplikationen verteilt wurden. Er  wusste inzwischen auch, was für eine schwere Krankheit er hatte, und erwies sich als großer Kämpfer.
    Die Krebsstation war wie eine  große Familie. Hier erhielten wir  unglaubliche Unterstützung durch die Ärzte und das Pflegepersonal. Zudem konnte man sich mit anderen Eltern austauschen, die dieselben Sorgen hatten. Wenn ich dieses jetzt alles etwas  kurz beschreibe, dann nur,  weil  ich weiß, das noch sehr viel auf uns zukam.
    Im August 2011 konnten wir gemeinsam zur Familien-Reha nach Tannheim fahren. 4 Wochen Reha halfen uns allen, ins normale Leben zurückzukehren. Tobias ging wieder zur Schule, wiederholte die abgebrochene 3. Und wir
      konnten wieder beide zur Arbeit gehen. Während der Langzeittherapie waren alle 4 Wochen Termine zur Blutkontrolle und Nachsorge. Alles war wieder gut, die Leukämie besiegt. Im März 2013, vier Monate nach Beendigung der Langzeittherapie, der Schock. Tobias hat einen Rückfall. Nichts deutete  daraufhin. Ihm  ging es gut, er sah gut aus, hatte nicht einen Tag die Schule versäumt. Darum war der Schock für uns und jetzt natürlich für ihn selbst umso größer. Im Nachhinein deute ich die Frage von ihm, die er mir damals auf dem Weg zur Untersuchung stellte so, dass er etwas ahnte. Er fragte nämlich: „Papa, bin ich jetzt eigentlich gesund oder kann ich die Krankheit wieder bekommen?“ Das Leiden begann von vorn. Die Fragen: „Warum ich? Was habe ich getan?“ konnte ihm natürlich niemand beantworten. Tobias wusste aus der Vergangenheit, was auf ihn zukommt und war total am Ende. Nur eine erneute Chemotherapie und jetzt zusätzliche Bestrahlungen und eine notwendige Knochenmark-Transplantation konnten Tobias das Leben retten.
    Die Chemotherapie und die daraus folgenden Komplikationen, wie Herzrhythmusstörungen, erneuter Haarausfall und alle Infektionen, wie sie bereits bei der Ersterkrankung auftraten, ließen uns fasst verzweifeln. Eines Tages war Tobias so fertig, dass er uns
      die Frage stellte: „Papa, ist es nicht besser für mich, wenn ich sterbe?“  So schlimm war es. Aber genau wie bei der Ersterkrankung half ihm sein eiserner Wille, unserer Beistand und natürlich die Behandlung durch die Ärzte und Pfleger der Krebsstation weiter. Tobias konnte so für die Knochenmarktransplantation in Hannover vorbereitet werden. Ein Spender konnte relativ schnell gefunden werden. Im Vorfeld der Transplantation  organisierten meine Arbeitskollegen eine Typisierungsaktion, die durch das Rote Kreuz auf dem Firmengelände meines Arbeitgebers durchgeführt wurde. Hier gilt unser  Dank und gleichzeitig der Aufruf an alle: „Lasst euch typisieren, denn Stammzellen können Leben retten!“
    Im September 2013 war es nun soweit. Nach mehreren Bestrahlungen und einer erneuten Chemotherapie war sein krankes Knochenmark zerstört, sein Immunsystem auf null gefahren. Am 10.September, der Tag „Null“ : Sein Leben begann neu. Das alles klingt sehr einfach, doch waren auch diese Eingriffe wieder mit endlos erscheinenden Komplikationen verbunden. 7 Wochen Isolierstation, bei denen wir abwechselnd rund um die Uhr bei ihm waren, waren die Hölle für ihn.
    Eine schwere Mundschleimhautentzündung, Tobias wurde daraufhin 5 Wochen künstlich ernährt. Mit allen
      möglichen Viren, Adenovirus, Herpes musste er zusätzlich fertig werden. Zudem kam noch ein Keim in seinem Broviac-Katheder hinzu, in dessen Folge er 5 Tage lang mit hohen Fieber zu kämpfen hatte. All dem trotzend, fing sein Immunsystem nach etwa 4 Wochen an zu arbeiten. Die ersten neuen, eigenen Leukozyten waren da. Nach 7 Wochen harten Kampf konnten wir Hannover verlassen und wurden wieder in unsere Stammklinik nach Göttingen überwiesen. Unser Dank gilt den Ärzten und Schwestern der KMT-Station in Hannover für ihre tolle Arbeit. In Göttingen wurde Tobias dann noch bis zum Jahresende weiterbehandelt, da ihn einfach die Viren nicht loslassen wollten. Weihnachten waren wir zu Hause. Bei Nachuntersuchungen des Blutes wurde im Januar 2014 festgestellt, dass das neue Knochenmark noch nicht einwandfrei arbeitete. Tobias bekam im Januar und Februar nochmals eine Dosis Stammzellen, die der Spender  abermals zur Verfügung stellte. Jetzt ging es aufwärts. Alle halfen mit, dass  sich Tobias erholen konnte und wieder allmählich zu einem normalen Leben zurückfand. Im April gingen wir wieder zur Reha abermals nach Tannheim.  Nach 10 Tagen mussten wir auf Grund einer  GVHD   (Transplantat-gegen-Wirt Krankheit) zurück nach Göttingen.
    Seine neuen Immunzellen hatten etwas gegen seine Leber und wollten sie abstoßen. Wieder ein paar Tage der Ungewissheit vergingen. Die Behandlung mit Kortison schlug gut an und wir konnten bereits im Mai unsere Reha erneut antreten.
      3 Wochen ausgezeichnete Erholung, dann wurde Tobias wieder krank. Zuhause angekommen, wurde Tobias mit einer lebensbedrohlichen Lungenentzündung in die Göttinger Kinderonkologie eingewiesen. Zwei Tage und sein Zustand verschlechterte sich dermaßen, dass er dreieinhalb Wochen auf der Intensivstation um sein Leben kämpfte. Aber auch das hat er wieder geschafft. In der Folge hat sich sein Leben so verändert, dass er nur noch mit zusätzlichem Sauerstoff atmen konnte und wegen seiner Schwächung auf einen Rollstuhl angewiesen war. Ein langes Leben im Rollstuhl mit Sauerstoff waren keine guten Aussichten nach einem mittlerweile über 3 Jahre anhaltenden Überlebenskampf. Jetzt sein großes Glück. Im August wurde Tobias zur weiteren Behandlung an die Kinder -Lungenklinik der MHH in Hannover überwiesen. Nach nochmals 3 Monaten, in dem sich sein Zustand nicht verbesserte, wurde beschlossen, der Ursache seiner Lungenkrankheit auf den Grund zu gehen. Der Umstand, dass Tobias ein Leben lang mit der Sauerstoffflasche auf dem Rücken leben muss, war für ihn nicht akzeptabel. Aufschluss über den Zustand seiner Lunge konnte nur ein erneuter operativer Eingriff geben. Sind es Vernarbungen oder gibt es andere Gründe? Im Dezember wurden in einer Biopsie  drei Gewebeproben von seiner Lunge entnommen und untersucht. Erfreulich war der Befund. Tobias Lunge ist nicht vernarbt. Er leidet an einer Alveolar Proteinose, das heißt er hat Eiweißablagerungen in seiner Lunge. Diese jedoch kann man mit einer komplizierten und noch nicht oft gemachten Lungenwäsche behandeln. Jetzt stand ein neuer Eingriff mit ungewissem Ausgang vor ihm. Im Januar 2015 war es soweit. In einem fast achtstündigen Eingriff wurden Tobias unter Vollnarkose nacheinander beide Lungenhälften gespült. Für Tobias war es insoweit mit einem hohen Risiko verbunden, da seine Lunge geschwächt war und die Ärzte nicht  voraussagen konnten, ob er es schafft, und über einen gewissen Zeitpunkt  über nur eine Lungenhälfte beatmet werden kann.
    Alle Anstrengungen haben sich gelohnt. Bereits am folgenden Morgen hatte Tobias eine hundertprozentige Sauerstoffsättigung ohne zusätzlichen Sauerstoffbedarf. Ein Jahr nach diesem Eingriff gilt Tobias als geheilt. Seine Lunge arbeitet ohne Einschränkungen gut und auch die Leukämie ist besiegt. Wenn man auch nie eine 100 -prozentige Garantie erhält, zeigt doch seine Geschichte, dass es sich lohnt zu kämpfen.
      Das ist auch das, was wir allen mitteilen  möchte,  die in eine ähnliche Situation geraten. Niemand ist allein, das haben wir in der gesamten Zeit erfahren können. Große Unterstützung erhielten wir durch das Elternhaus in Göttingen, in dem  wir während der gesamten Zeit ein Zuhause gefunden hatten und somit ständig bei unserem Kind sein konnten. Ebenfalls die unzähligen Veranstaltungen, die für die Kinder organisiert wurden, halfen uns weiter.
    Andere Organisationen oder Vereine, wie der Biker-Club „Biker und
      Triker helfen krebskranken Kindern“ ermöglichten Tobias einen Hubschrauberflug oder die „Eichsfelder Bikern“, die sich sehr für die Krebshilfe einsetzen und jährlich eine Bikertour organisieren, deren Erlös dem Elternhaus zugute kommt. An dieser Tour konnten  Tobias und ich 2015 mit eigenem Motorrad teilnehmen. Das Erlebnis war so toll, dass wir das in diesem Jahr auf jeden Fall wiederholen werden.  Das Philipp-Lahm-Sommer-Camp, an dem er teilnehmen durfte und viele andere durch die Krebshilfe organisierten Events haben uns sehr geholfen.

     

     

  • Jakobs schwerer Start

    Gestern haben Sofia und ich einen Nistkasten gebaut und wunderschön bunt angemalt. Im Frühling wollen wir den Kasten im Garten in den alten Apfelbaum hängen, vielleicht zieht ein Meisenpärchen ein und gründet eine vielköpfige Familie. So eine, wie wir jetzt sind. Ich habe im vergangenen halben Jahr oft an Meiseneltern gedacht. An kleine, zerzauste Vögel, die im Juni-Nieselregen hin und her fliegen, Insekten über Insekten zu ihrem Nachwuchs tragen, sich nur selten selber eine Made oder wenigstens eine kleine Spinne gönnen und ganz offenbar keine Zeit finden, sich um Gefiederpflege zu kümmern.
    Seit unsere Zwillinge da sind, haben mein Mann und ich schrecklich große Ähnlichkeit mit solchen unermüdlichen kleinen Meisen bekommen, finde ich. Auch wir hatten Wochen und Monate lang keine Zeit für Gefiederpflege oder vernünftiges Essen. Jeden Morgen fuhren wir eilig in die ewiggleichen Jeans, die wir erst wenige Stunden zuvor erschöpft ausgezogen hatten. Kämmen? Ach, egal. Jetzt schnell los, um neun Uhr muss Milchnachschub im Krankenhaus sein. Doch eigentlich war unser Problem ein ganz anderes als bei den Meisen. Keine gefräßigen, ewig hungrigen Jungen hatten wir, sondern neugeborene Zwillinge, und einem ging es so schlecht, dass er fast gar nicht trinken konnte. Simon und Jakob wurden einen Tag nach dem errechneten Entbindungstermin spontan geboren und ich hatte damit mein schwieriges Ziel erreicht: bloß nicht länger als nötig im Krankenhaus sein. Nach nur einer Nacht im Krankenhaus nahmen wir zwei vermeintlich gesunde Babies mit nach Hause. Doch dann kam der vierte Lebenstag der Zwillinge - der Tag, an dem Jakob vorübergehend aufhörte zu atmen, von seinem Vater reanimiert werden musste und dann mit Blaulicht in die Göttinger Uniklinik fuhr. Beide Kinder wurden mit einer Neugeboreneninfektion stationär aufgenommen (an den Abend, an dem ich sie zum ersten Mal alleine in der Klinik lassen musste, möchte ich am liebsten nie mehr denken, tue es aber dennoch sehr oft) und unsere täglichen Fahrten zwischen zwei Welten begannen. Hier Witzenhausen, wo unsere dreijährige Tochter Sofia nicht ganz begreifen konnte, wo die Brüderchen abgeblieben waren, dort die Kinderintensivstation der Uniklinik, wo wir mit Jakob ein wochenlanges Auf und Ab erlebten und erfahren mussten, dass Jakob mitnichten das gesunde Kind war, für das ihn alle ein paar Tage lang gehalten hatten. Als sein Zwillingsbruder längst wieder putzmunter und zu Hause war, bestand Jakobs einziger Fortschritt darin, von der Intensivstation 0133 auf die benachbarte Säuglingsstation 0132 umzuziehen.
    Verschiedene Fehlbildungen innerer Organe und vor allem ein großer Ventrikelseptumdefekt ließen ihn seine Infektion nur schwer überwinden und machten eine erste Operation nötig. Einer von uns fuhr jeden Morgen zu Jakob, um ihm wenigstens tagsüber Gesellschaft zu leisten, und ich pumpte sowohl zu Hause als auch in der Klinik alle paar Stunden Muttermilch für ihn ab, die er per Magensonde bekam und manchmal sogar im Magen behielt. Es wurde deutlich, dass eine Herzoperation nicht zu umgehen sein würde, allerdings sollte Jakob dafür nach Möglichkeit noch einige Kilo zunehmen. Nach mehreren Wochen war er immerhin so stabil, das er für eine Weile nach Hause durfte, doch Magensonde und Hang zum Erbrechen nahm er mit, so dass sich zu Hause wochenlang alles nur ums Nahrungsondieren drehte und die nötige Gewichtszunahme trotzdem nur höchst schleppend vor sich ging. Die "Kimbus" kamen alle paar Tage und halfen, waren notfalls auch nachts zu erreichen, was gut war, denn gelegentlich zog Jakob seine Magensonde unerlaubterweise heraus und konnte dann weder Milch noch Medikamente bekommen. Wir lebten Tag um Tag an unserer Leistungsgrenze und eigentlich war es immer noch grässlich, aber immerhin fielen die täglichen Fahrten nach Göttingen weg und es war eine riesige Erleichterung, endlich alle drei Kinder an einem Ort zu haben. Das Beste war: Wir konnten Sofias dritten Geburtstag alle gemeinsam zu Hause feiern, so richtig mit Gästen und Torte, das war großartig. Doch kurz danach war Jakob Herz den Anforderungen endgültig nicht mehr gewachsen. Jakob wurde wieder stationär aufgenommen und schnellte auf der Liste der Herzchirurgen ganz nach oben. Wieder waren wir Hals über Kopf in der Klinik – und obwohl wir jeden Tag an die bevorstehende Herz-OP gedacht hatten, waren wir nicht gut vorbereitet. Sollten wir jetzt die Fahrerei wieder beginnen? Ich stillte Simon, durfte ihn aber nicht zu Jakob auf die Intensivstation mitnehmen. Ein paarmal hatte ich ihn kurzentschlossen der nächstbesten Kinderkrankenschwester in die Hand gedrückt, wenn ich zu Jakob musste, aber das konnte nicht wochenlang so weitergehen. Also doch Elternhaus? Aber Sofia war gerade erst im Kindergarten eingewöhnt. Schon wieder alles verändern? Letztlich entschied dann der Zufall (den es ja bekanntlich gar nicht gibt) für uns: Andreas marschierte just in dem Moment ins Elternhaus, als ein Familienzimmer frei wurde. Also zogen wir ein. Was für eine gute Idee! Wir wurden dort für ein paar Wochen sehr, sehr heimisch. Sofia vermisste den Kindergarten angesichts des Spielzimmers nicht ein bisschen, ganz im Gegenteil: Sie sagt bis heute gelegentlich, dass wir bald wieder bei Frau Dolle, Frau Söder und Herrn Miest wohnen wollen. Und Andreas bemerkte nach einer Sachen-hol-Fahrt nach Witzenhausen, unsere Küche zu Hause sei aber wirklich ganz schön oll. So im Vergleich. Und ich war heilfroh, abends nur ein paar Schritte laufen zu müssen, bis ichins Bett fallen konnte. Diese abendlichen Autofahrten, auf denen ich vor Müdigkeit dauernd versuchte, im dritten Gang anzufahren und mich an viele Kilometer der gefahrenen Strecke hinterher nicht erinnern konnte, waren schon ziemlicher Leichtsinn. Und obwohl von leichtem Sinn nicht die Rede sein konnte in diesen Wochen vor und nach Jakobs Operation, so wurde es doch trotz allem eine gute Zeit. Eine Zeit, in der wir so intensiv lebten, wie schon lange nicht mehr. Die zehn Stunden, in denen wir auf das Ergebnis der OP warteten, waren lang, aber selbst die gingen vorbei. Jakob schaffte es, musste aber lange auf der Intensivstation bleiben. Und wir anderen vier waren immer in der Nähe. Und ungelogen: wir waren gerne im Elternhaus.
    Es ist so ein Glück, dass man auch Dinge, die man tun muss, gerne tun kann. Gerne in Elternhaus zu wohnen, war eigentlich sogar ziemlich leicht. Einmal kam mir so ein abgenutzter PoesiealbumSpruch in den Sinn: "Immer, wenn du meinst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her. Dass du es noch einmal wieder zwingst und von Sonnenschein und Freude singst. Auch leichter trägst des Lebens schwere Last und wieder Kraft und Mut und Glauben hast." Als Zehnjährige hatte mich der Ausdruck 'des Lebens schwere Last' in gleichem Maße beeindruckt wie das kunstvolle Blumenornament, das meine Freundin um die altklugen Worte gewunden hatte. Später ging ich dazu über, solche Sprüche lächerlich zu finden. Noch später saß ich im Garten des Elternhauses, des Lebens schwere Last drückender denn je auf den Schultern, und stellte fest, dass das Sprüchlein bei aller Schlichtheit einen Wahrheitsgehalt hat. Man denkt, es geht nicht mehr und - zack - wohnt man im Elternhaus. Und es geht doch irgendwie. Ich habe verschiedene Dinge, die ich zu wissen meinte, in den Elternhaus-Wochen erst so richtig begriffen. Dass man an Herausforderungen wächst. Aus Krisen gestärkt hervorgeht. Und dass uns der liebe Gott - oder wer auch immer es ist, der uns manchmal mit großzügiger Geste Hindernisse in den Weg schaufelt - nie mehr auf den Teller lädt, als wir gerade noch bewältigen können, war mir theoretisch längst bekannt. Und trotzdem hatte ich schlichtweg keine Ahnung. Wie viel inneres Wachstum, wie viel längst fällige Veränderung und Lösung von über holten Denk- und Verhaltensweisen möglich wird, wenn das Leben einen mal so richtig in den Schwitzkasten nimmt, das habe ich erst jetzt - mit immerhin nicht mehr ganz so zarten 35 Jahren - erlebt.
    Und deswegen möchte ich die Wochen nicht missen, in denen ich zwischen Elternhaus und Uniklinik hin und her wanderte, meist sehr müde, sehr besorgt und manchmal auch sehr verunsichert. Ich möchte keinem von uns fünf etwas von dieser Zeit ersparen. Klingt das herzlos? Schließlich musste Sofia - gerade erst große Schwester geworden und eigentlich ausreichend damit beschäftigt, dieses Erlebnis zu verdauen - Wochen um Wochen auf Mama und die neuen Brüder verzichten, musste Andreas alle Gedanken an die Arbeit an Projekten, die nicht Familie heißen, aus seinem Kopf verbannen, verbrachte ich das Wochenbett nicht zu Hause, sondern auf einem unbequemen Hocker in der Intensivstation, musste Simon ohne den Zwillingsbruder auskommen und vor allem musste Jakob sein kleines zähes Leben stundenlang in die Macht einer HerzLungenmaschine und die Kunst eines Herzchirurgen samt Team legen. Kann ich denn nachvollziehen, was das Kind da erlebt hat? Nein, das kann ich nicht im Entferntesten. Aber ich gehe davon aus, dass die Tatsache, dass sein Leben so und nicht anders begonnen hat, kein Organisationsfehler höherer Schicksalsmächte ist. Ich gehe auch davon aus, dass wir nicht zufällig eine Familie sind, dass uns Schicksalsfäden verbinden, die nicht erst neulich gewoben sind, und dass es deshalb seine Richtigkeit hat, dass wir Höhen UND Tiefen miteinander erleben. Ich weiß nicht, ob ich in der Lage wäre, diesen Satz zu schreiben, wenn die Kunst des Herzchirurgen nicht ausgereicht hätte, wenn Jakobs Lebenswille zu schwach gewesen wäre, wenn er jetzt nicht hier bei uns zu Hause wäre, sondern wenn wir nach dem Tod unseres Kindes weiterleben müssten. Ich bin unendlich dankbar, dass Jakob bei uns geblieben ist. Wen interessiert da schon die Frisur.

  • Unsere Teilnahme am Trauerwochenende

    Wir sind Michael und Kirsti und haben im März 2016 die Geburt unseres ersten Kindes erwartet. In der 32. Schwangerschaftswoche wurde bei einer Untersuchung im Krankenhaus festgestellt, dass das kleine Herz nicht mehr schlug und unser Sohn kam in der 32. Schwangerschaftswoche als Totgeburt zur Welt. Danach war nichts mehr so, wie es vorher gewesen ist. Die Welt hörte auf, sich zu drehen und die Trauer schien grenzenlos zu sein. Während Michael sich in die Arbeit stürzte, blieb mir die schreckliche Zeit zu Hause, da der volle Mutterschutz gewährt wurde. Der Kontakt zu anderen Menschen fiel mir schwer. Niemand wusste, wie man mit mir umgehen sollte. Das war auch kein Wunder. Ich wusste es ja selbst nicht.
    Eine nette Kollegin schickte mir Informationsmaterial über das nächste Trauerwochenende für verwaiste Familien des Elternhauses in Göttingen zu. Das fand ich zwar nett, legte jedoch die Unterlagen zur Seite und wollte mich nicht weiter damit auseinandersetzen. Wie sollte uns das schon weiterhelfen? Wir sind doch keine Familie, oder doch? Gehören dazu nicht immer Eltern und Kinder? Wir als Ehepaar versuchten jeder auf unsere Weise mit dem Erlebten zurechtzukommen. Uns fiel allerdings ganz schnell auf, dass Männer und Frauen sehr unterschiedlich mit ihrer Trauer umgehen. Eine große Herausforderung ist, den anderen so anzunehmen, wie er ist, und für das jeweilige Verhalten Verständnis zu haben. Irgendwann las ich das Informationsmaterial erneut durch. Wir haben uns entschieden, den Versuch zu wagen, an dem Trauerwochenende teilzunehmen. Was hatten wir schon zu verlieren? Unsere Sorge war, dass wir als Trauernde um ein tot gebo
    renes Kind nicht in die Gruppe hineinpassen würden. Diese Sorge konnte mir Erika Söder in einem langen Telefonat nehmen. Bei der Hinfahrt am Freitag war ich dann doch wieder unschlüssig, ob wir nach einem halben Jahr schon in der Lage sein würden, über unseren Verlust zu sprechen. Nach einer schweigsamen Fahrt kamen wir mit einem flauen Gefühl im Magen an. Nach einem freundlichen Empfang bezogen wir das Zimmer und fühlten uns sofort im Forsthaus wohl. Alle Eltern waren sehr nett und bei einer Vorstellungsrunde lernten wir uns kennen. Als Paar gestalteten wir einen Strandkorb, der unsere aktuelle Familiensituation darstellen sollte. Im Anschluss daran kam der für uns schwierigste Teil des ganzen Wochenendes. Alle Teilnehmer erzählten die eigene Geschichte über den Verlust ihrer Kinder. Es fiel mir schwer, die Berichte der anderen ertragen und das Leid gemeinsam aushalten zu können. Es war auch das erste Mal, dass ich in einer Gruppe darüber gesprochen habe, was uns ein halbes Jahr vorher passiert ist. Durch Bilder und Andenken an unsere Kinder wurden sie in unseren Kreis mit eingebracht, um ihnen einen angemessenen Raum zu geben. Alle hatten ganz unterschiedliche Erfahrungen mit dem Tod gemacht. Es machte sich jedoch so etwas wie Erleichterung breit, weil wir alle gemeinsam um unsere Kinder trauern und darin die große Gemeinsamkeit liegt. Später saßen wir bei schönem Sommerwetter vor dem Haus und führten noch lange Gespräche mit eigentlich fremden Menschen, die uns schon jetzt so nahe waren, obwohl wir doch erst einige Stunden vorher mit dem Trauerwochenende gestartet hatten. Emotional völlig ausgelaugt, aber mit einem guten Gefühl in uns gingen wir in unsere Zimmer und tauschten noch lange unsere Gedanken aus. Samstag begann mit einem wunderbaren Früh stück und einer kreativen Aufgabe im Seminarraum. Jeder durfte mit unterschiedlichsten Materialien und Farben eine kleine Leinwand gestalten und darauf seine Gefühle zum Ausdruck bringen. Hierbei fand ich es besonders spannend, welche Gefühle mein Mann auf seinem Bild darstellte. So unterschiedlich wie unsere Trauer verlief, so unterschiedlich war auch das Ergebnis. In einer Gesprächsrunde durften wir unsere Bilder vorstellen und versuchten uns in einer ersten Deutung der enthaltenen Elemente. Im Anschluss verließen die Männer den Seminarraum, um ganz unter sich offen zu sprechen. Auch wir Frauen nutzten die Gelegenheit für einen regen Austausch und einen ehrlichen Blick auf die unterschiedlichen Gefühle und Gedanken, die uns während der vergangenen Zeit bewegt hatten. Ich fühlte mich mit meiner eigenen Geschichte und meinen Gedanken akzeptiert und bekam von den Frauen Ideen, wie die nächsten Schritte in meinem Leben aussehen könnten. Am Nachmittag gingen wir gemeinsam in einen kleinen Tierpark und verbrachten einige schöne
    Stunden mit den Kindern und Teenagern gemeinsam. Sie wurden während der Erwachsenenphasen von einem eigenen Team begleitet und durften Erfahrungen zu ihrem eigenen Umgang mit der Trauer machen. Am Sonntag stellte die Jugendgruppe uns Erwachsenen die entstandenen Bilder und Gegenstände vor. Es war sehr bewegend zu sehen, wie intensiv sich auch die Jüngeren mit dem Thema auseinandergesetzt hatten. Während einer ausgelassenen Spielzeit auf dem Hof haben wir den Anlass unseres Aufenthaltes völlig vergessen. Trauer und Freude – wie kann denn das zusammen passen? Es passt sehr gut. Alles bekommt seine Zeit und niemand darf einem vorschreiben, wann man trauert oder sich freuen darf. Der Sonntag war unseren Rettungsankern gewidmet, die uns schon während unserer Trauerphase geholfen hatten und die uns auch noch in Zukunft allein und als Paar helfen sollten. Alle Eltern gestalteten einen Rettungsring, der mit seinen unterschiedlichen Ideen auch anderen Eltern eine Stütze sein kann. Als Paar sollten wir über gemeinsame Wünsche für die Zukunft nachdenken und diese aufschreiben. Über unsere Zukunft und Wünsche hatten wir uns vorher wirklich keine Gedanken gemacht. Eine Zukunft nach dem Tod unseres Kindes wirkte so weit entfernt von meinen Gefühlen. Eigentlich war doch die Welt stehen geblieben … Ich weiß, sie dreht sich weiter und der Blick nach vorn half uns und hat uns Mut gegeben. Die guten Wünsche der Teilnehmer des Wochenendes und des Teams des Elternhauses waren für mich wie Balsam. Nach nur zwei Tagen fühlte ich mich in einer Gruppe von Menschen geborgen und angenommen, die ich doch erst so kurz kannte. Zum Abschied gab es ein Gruppenbild im Garten und nach vielen Umarmungen machten wir uns wieder auf dem Heimweg. Diesmal verlief die Fahrt erneut schweigend. So viele Gedanken und neue Erfahrungen durchströmten mich und es bedarf in diesem Moment keiner Worte.
    Lange vor dem Trauerwochenende habe ich mich gefragt, was ich zu verlieren hätte. Nun kann ich es beantworten – nichts. Ich habe im Gegenteil viele neue Erfahrungen und Begegnungen mit wunderbaren Menschen hinzugewonnen. Alle waren in ihrem Leid miteinander verbunden und gegenseitig konnten wir uns Akzeptanz, Mut und Kraft vermitteln. Es war
    ebenso Platz für viele traurige Momente als auch für ausgelassene fröhliche Zeiten. Gute Gespräche und wunderbare kreative Elemente machten das Wochenende für mich unvergesslich. Ich vergleiche es gern mit einer Schatztruhe, die ich selbst öffnen kann, wann immer ich möchte. Und nun schließe ich den Deckel wieder...

  • Brief einer verwaisten Mutter an eine Mitarbeiterin des Hauses

    Liebe Frau Ebert und Elternhauscrew!
    Vielen Dank für Ihre liebe Karte, sie spendet Trost, auch wenn man manchmal glaubt, es könne einen nichts trösten. Die Erinnerungen sind etwas, das uns nicht genommen werden kann, und obwohl wir uns oft gewünscht haben, Ihr Elternhaus niemals kennengelernt zu haben, so verbinden wir heute auch schöne Erinnerungen daran. Dieses Haus ist wirklich wie ein Zuflucht und es hat dazu beigetragen, dass unser Sohn bis zum Schluss so lebenslustig und offensiv war. Es war ein Stück Ersatz-Zuhause und hat ihm ein kleines bisschen seinen letzten Wunsch erfüllt, wieder mal nach Hause zu dürfen. So konnte er wenigsten mit seinen Geschwistern und seinem Freund noch einmal unbelastet spielen. Sicherlich ist sein Schicksal für Sie kein Einzelfall, aber aus Ihrer Karte spricht so viel Wärme und Anteilnahme, dass wir wirklich Mut und Hoffnung daraus schöpfen können.

    Herzlichst